(historische) Ortsbestimmung

Woltow ist ein Ortsteil der politischen Gemeinde Selpin im Landkreis Rostock. 

 

Das seit 1990 verfallende Herrenhaus steht auf einer alten slawischen Burganlage. Das innere Parkareal über ca. 8 Hektar (ha) stellt ein bodenarchäologisches Denkmal dar. Burggraben und Wall sind noch gut erkennbar.

 

Das Lehen Woltow wechselte oft den Eigentümer. So ist als Lehensherr 1389 Hennecke Buk aus Lübeck, 1398 von Moltke (so auch 1417), 1533 von Bützow, 1595 wieder von Moltke zu Woltow, 1692 Balthasa Gebhard von Halberstadt, 1792 von Oertzen verzeichnet. Die Familie von Oertzen war über ein Jahrhundert Eigentümer des Gutes und prägten das heutige Erscheinungsbild mit. Von 1820 bis 1840 war Peter Friedrich Ludwig von Witzendorff (Sohn der gebürtigen Luise Sophie Albertine von Oertzen und Adolf Fiedrich von Witzendorff - Gothaisches Genealogisches Tagebuch der Briefadligen Häuser 1912 S.1045-1051) Eigentümer des 799 großen Lehens. Der später in Gnoin amtierende Landrat Ludwig Goerg von Oertzen - https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Georg_von_Oertzen begann 1852 mit dem Um- und Ausbau des Herrenhauses und ließ ein dreiflügelieges herrschaftlicheres Gutshaus errichten. Vor 1852 bestand "das" Herrenhaus aus in Nord-Süd-Ausrichtung aneinandergereihten Gebäudeteilen. Ab 1852 erhielt das Hauptgebäude im Norden und Süden abschließende Querschiffe.  Die Schmuckseite war zur Auffahrt westwärts gelegen. Das Hauptschiff erhielt von Westen aus gesehen einen prägenden Mittelrisalit. Die Seitenschiffe waren unterschiedlich gewichtet. Von Westen aus gesehen hatte das Querschiff auf der Nordseite eine Fensterachse, das auf der Südseite zwei Fensterachsen. Durch die Familie von Oertzen wurden ca. 200 Hektar umliegende Wiesen, Ackerflächen und Wälder in der Art eines englischen Landschaftsparkes gestaltet, Blickachsen angelegt und auf den im Osten gelegenen Sandhügeln Pavillions errichtet. Noch 1932 befand sich auch auf der östlichen Parkseite des Herrenhauses ein geschwungener Mittelrisalit über einem breiten nur leicht über dem Souterrain erhöhten Balkon, der nach dem Brand, wohl im Winter 1939/1940 nicht wieder aufgebaut wurde. Das Gutshaus wurde in eine symmetrische Anlage umgebaut, die in ihrer Schwere stilistisch der Zeit 1940 entsprechend, nicht mehr viel mit der leichten asymmetrischen Anlage bis 1940 gemeinsam hat.

 

Mit dem Kriegsende 1945 floh der zum NS-Regime nicht opositionell geltende bürgerliche Eigentümer Magnus Steve. Im Gutshaus wurden Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten einquatiert. Das Gut wurde enteignet und in die Trägerschaft einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) überführt. Die Tochter des bis zur Enteignung eingetragenen Eigentümers blieb in der SBZ und zog nach Rostock. In den 60ger Jahren des letzten Jahrhunderts erfuhr das Herrenhaus erhebliche Eingriffe, die versetzten Gauben wurden umgebaut und erweitert, im Inneren wurden 2 weitere Treppenhäuser hineingebrochen. Es wurden Ledigenwohnunterkünfte für die LPG geschaffen und ein Kindergarten untergebracht. Im Inneren befinden sich daher auch keine Stuckaturen oder ähnliche Zierelemente mehr.

 

Bereits zur Wende 1989 hatte der Baukörper erhebliche Schäden erfahren, die Decken waren teilweise zum Schutz der noch zuletzt dort Wohnenden mit Plastikplanen abgedeckt, um ein Durchlaufen des Niederschlagwassers in die unteren Stockwerke zu mindern. Die Wände und Balken waren mit Hausschwamm befallen, so dass Lehmwände des Erdgeschosses bereits aufbrachen.

 

Durch die Treuhand wurde das Gut auseinandergerissen. Die landwirtschaftlichen Ländereien wurden stückweise meistbietend veräußert, das Herrenhaus mit ca. 6 ha Park getrennt ebenso. Die Treuhand ließ den Gutshof abreißen, eine große alte völlig intakte Feldsteinscheune, den Pferdestall und die Reste des Schafstalles, alle aus behauenem Feldstein errichtet. In diesem Zuge wurde die zur Dorfstraße gelegene Gutshofmauer, ebenso aus behauenem Feldstein errichtet abgerissen, die Einfahrtstorpfeiler und der Eiskeller, wohl das "Fundament" des alten Bergfrieds. Die Steine wurden überwiegend nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein verkauft. Der jetzige Eigentümer konnte nach und nach ca. 20 ha des alten Parkgeländes wieder erwerben. Zwei seit 1997 gestellte Bauanträge wurden durch den Landkreis (damals Bad Doberan) abgelehnt, 1999 ein Baustopp verhängt, so dass auch keine Sicherungsarbeiten, die der Eigentümer begonnen hatte, fortgesetzt werden durften. Das Herrenhaus zerfiel weiter.

 

Da nun auch der letzte Bauantrag für eine touristische Nutzung rechtskräftig abgelehnt ist, wird das Gelände künftig nicht einer öffentlichen Nutzung zugeführt werden können.  Nach vom Verwaltungsgericht bestätigter Auffassung des Landkreises fügt sich der große Baukörper nicht in die Umgebungsbebauung ein, ist eine Baugenehmigung für einen Ausbau nicht erteilbar. Wegen Nutzungsaufgabe weit über 6 Jahre muss für eine Nutzungsaufnahme eine Baugenehmigung erteilt werden. Dafür muss sich das Vorhaben in die Umgebungsbebauung einfügen, denn es fehlt für einen größeren Baukörper ein qualifizierter Bebauungsplan. Der kann nur aus einem Flächennutzungsplan entwickelt werden, auch der fehlt. Auf beides hat ein privater Bauherr keinen Anspruch. Daher gibt es für den Baukörper keine Baugenehmigung. Der Baustopp gilt noch immer. Wenn Sie das nicht nachvollziehen können, wir auch nicht, denn Gutshäuser, wie das in Woltow prägten das Dorfbild und fügten sich natürlich nicht in die Landarbeiterhäuser und ehemals aufstehenden Ställe und Scheunen ein.

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© Andreas-Peter Zelmer